43 – Alltag? – mehr Entrümpeln

Nachdem ich gestern einen kleinen Vorgeschmack auf das bekommen hatte, was mir so gut tat, nämlich ein wenig wegzuwerfen, auszusortieren und quasi Abschied zu nehmen, grübelte ich den ganzen verbleibenden Abend darüber nach. Zunächst war ich noch einigermaßen müde gewesen, jedoch änderte sich das gegen 22 Uhr, ab da ging es stetig bergauf. Mein Freund surfte noch etwas im Internet und ich las das Entrümpelungsbuch, während ich es mir schon im Bett bequem gemacht hatte. Aufgrund des Cortisons war mir den ganzen Tag fürchterlich warm, was sich leider auch abends noch nicht änderte.
Als er schließlich ins Bett nach kam, so gegen 23 Uhr, war ich aufgrund der Wärme schon halb aus dem Bett unter der Decke hervorgefallen. Wir tauschten die Plätze, so dass er die von mir angewärmte Seite genießen konnte, während ich die kühlere Betthälfte erhielt. Ein wenig las ich noch weiter, aber nach kurzer Zeit schalteten wir das Licht aus.
Mein Freund konnte so gut wie sofort einschlafen – und ich lag wach. Ab und an gestört durch anstehende Toilettengänge aufgrund des literweisen Teekonsums den Tag über, drehten sich meine Gedanken wieder mal die ganze Zeit im Kreis. Ich war damit beschäftigt, mir zu überlegen, was alles anstand und was ich wann wie zu organisieren haben würde. Eigentlich leide ich zumindest nicht dass ich wüsste unter dem „restless leg syndrome“, dem Symptom der unruhigen Beine. Manchmal kommt es unter einer MS dazu, dass die Patienten unaufhörlich, insbesondere nachts im Bett in den eigentlichen Ruhephasen, ihre Beine bewegen müssen oder wollen. Dabei wäre es häufig verbunden mit Empfindungsstörungen oder Schmerzen und die Symptome träten hauptsächlich in Ruhe auf. Bewegung lindere die Symptome vorübergehend.
Eventuell spüren die Betroffenen auch ein unangenehmes, kribbeliges und manchmal auch schmerzhaftes, ziehendes Unruhegefühl in den Beinen, seltener auch in den Armen oder in anderen Körperregionen. Manche Patienten beschreiben auch ein Prickeln, ein Reißen oder ein Stechen, oder das Bedürfnis, die Muskeln anzuspannen oder zu dehnen. Das Unruhegefühl mache es unmöglich, ruhig zu sitzen oder zu liegen.
Bei mir ist es so, dass ich zwar keine besonderen Reize empfinde, die nicht sonst auch da wären, siehe Lipödem und die dazugehörigen Druckschmerzen durch die gefühlte Schwellung, oder die Berührungsempfindlichkeit durch die MS, aber ich merke bei mir zumindest, dass das Umlagern der Beine und Füße ab und an auch durchaus Erleichterung bringen kann. Oft bin ich dadurch abends so unruhig und „wühlig“, dass ich mich selbst wieder aufwecke.
Gestern jedoch hatte ich in keinster Weise das Bedürfnis, mich irgendwie zu bewegen, sondern war schlicht und einfach nur hellwach. Gegen halb eins stand ich aus dem Bett auf, ging mal wieder zur Toilette, überprüfte meinen Restharn in der Blase durch Katheterisieren und überlegte, ob ich mich wieder schlafen legen oder noch irgendetwas sinnvolles tun sollte.
Nachmittags hatte ich bereits kurz angefangen, eine Folge einer Fernsehserie zu sehen und dachte, die könne ich noch zu ende schauen, da ich sie ja auf meinem DVD-Rekorder mit Festplatte aufgezeichnet hatte. Ich setzte also meine Kontaktlinsen wieder ein, nahm mir das Buch vom Bett mit ins Wohnzimmer, sah die Folge und gleich noch zwei weitere aufgezeichnete zu ende, switchte ganz entgegen meiner Gewohnheit, insbesondere mitten in der Nacht, durchs Fernsehprogramm, las das Buch weiter und war fürchterlich motiviert, mit dem eigentlichen Entrümpeln und aufräumen zu beginnen
Gegen halb sechs Uhr morgens wurde ich schließlich jedoch auch endlich wieder müde, sodass ich mich einfach aufs Sofa legte, mir zwei Decken schnappte und bis neun Uhr schlief. Nicht wirklich lang und erholsam, aber meiner Vermutung nach das sinnvollste, was ich mit dieser Nacht noch hätte anstellen können.
Klar hätte ich mir auch den Laptop zum NaNo-Schreiben holen können, aber dafür fehlten mir in dem Moment die Ideen.

Mein Freund fand mich also gegen neun Uhr schlafend auf dem Sofa vor und ich begann den Tag, wie nicht anders zu erwarten, wieder fürchterlich zerknittert. Eine Dusche tat heute früh zwar nicht not, aber die Schafherde wollte schon aus meinem Mund vertrieben werden.
Kurze Zeit später, nach einem für meine Verhältnisse und die jetzige Situation recht umfangreichen Frühstück, begann mein Körper auch sonst wieder zu erwachen. Die Motivation zum räumen und wegschmeissen war zum Glück geblieben und ich konnte meinem Freund über all die ausführlichen Gedankengänge, die ich zu diesem Thema in der Nacht gehabt hatte, berichten. Er bot mir alles an Hilfe an, was ich irgendwie benötigen könnte – und sei es nur beim Runtertragen des Mülls.
Ich mochte mir zwar keinen Plan machen, wie das Buch im Kampf gegen den inneren Schweinehund vorschlug, aber mit offenen Augen durch die Wohnung gehen, Ecken, die mich schon länger und teilweise aus nicht verständlichem Grund irgendwie störten, wahrzunehmen – hier ein Stück in die Hand zu nehmen und wegzuwerfen, dort das gleiche – das war etwas, was genau dieses gestrig verspürte Zufriedenheitsgefühl auslöste. Und so ging es quasi den ganzen Tag weiter.
Es mag sicherlich oft planlos ausgesehen haben, wie ich im Zickzack und ab und an zögernd durch die Wohnung gegangen bin, was mich aber nicht im geringsten störte – diese Planlosigkeit führte insgesamt zu einem echt guten Ergebnis.
Zwei Regalmeter Zeitschriften mussten weichen, ich habe aus drei Regalen in insgesamt zwei Zimmern Ordner umgestellt und thematisch zueinander sortiert, so dass sie inhaltlich und auch optisch besser ins Bild passen – ich habe Unmengen anderen Altpapiers weggeworfen und eine große Tasche von IKEA an Elektroschrott aussortiert bzw. meinem Freund zum Basteln mitgegeben.
Ein großer aber anscheinend schon seit längerer Zeit schwächelnder Ficus benjamini musste endgültig aus dem Wohnzimmer in die Biotonne weichen und eine Umtopfaktion hat aus einigen kleinen in der Küche in Gläsern im Wasser Wurzeln bildenden Trieben fertige Pflänzchen gemacht.
Ab und an haben mein Freund und ich auch immer mal als Pause zwischendurch zwanzig Minuten einer Zeichentrickserie gesehen, die ich aufgezeichnet hatte und auf DVD brennen wollte – was zu mehr freiem Speicherplatz auf der Festplatte geführt hatte. So viel wie gestern und heute habe ich lange nicht mehr in einer oder zwei Wochen ferngesehen!
Zwischendurch saß ich auch am Rechner, um zum einen die Maus anzuschließen, die heute geliefert wurde und zum anderen ein wenig zu schreiben – und wie von selbst löschte sich danach außerdem nach sehr kurzer Überlegung auch eine Menge Datenmüll und wurde teilweise auch einfach umorganisiert und neu katalogisiert.
Der volle Schreibtisch, der zwar im Vergleich mit dem meines Freundes noch fast jungfräulich wirkte, der mir aber in der Arbeit im Büro quasi schon den Amtsleiter auf den Hals gehetzt hätte, gehörte ebenfalls zu den Punkten, die mich schon länger störten. Jede Menge Werbekugelschreiber, die nicht den Doppeltest von a) vernünftige Tintenpatrone und b), für mich besonders wichtig, Griffigkeit im ergonomischen Design bestanden, wanderten in die Mülltonne.
Ein Elektrokabel aus der Computerecke oder von hinter dem Gästesofa kam zum nächsten, und schließlich war mein zweiter Drucker, bei dem die eine Patrone leer gedruckt war und die ich nicht einzeln für einen sinnvollen Preis hätte nachkaufen wollen, und mein Flachbettscanner, der zwar an sich noch funktionierte, aber dessen Dia- bzw. Negativscanfunktion defekt war, wegen der ich mich damals für ihn entschieden hatte, dem bereits gekauften und aufgebauten All-In-One-Wirelessgerät gewichen und ich hatte gefühlte zwei Quadratmeter mehr Platz auf dem Schreibtisch.
Die Menge Staub, die ich hinzukommend allein beim Auswischen der Regale der Ordner und Bücher und Zeitschriften, die ich bewegt hatte, beseitigt habe, scheint mir mindestens eine Menge eines halben Kilos ausgemacht zu haben.
Und wenn ich mich sonst schwer damit tu, zum Beispiel Original- oder auch nur die Lieferverpackungen von Geräten wegzuwerfen, habe ich es damit heute absolut nicht schwer gehabt. Ich plane nicht binnen der nächsten zwei Jahre umzuziehen, und selbst wenn, ist es lange her, dass man fürs Einlösen einer Garantie die OVP hätte aufbewahren müssen.
Um an den größten Teil der Verpackungen heranzukommen, die ich noch so hortete, müsste ich jedoch auf den nicht ausgebauten aber von mir auch wie von den anderen genutzten Dachboden zur Einlagerung von nicht wertvollem aber vermeintlich notwendigem Gerümpel klettern, was ich mir zumindest für heute erst mal nicht weiter vorgenommen hatte. Dazu gehört dann doch eine gewisse körperliche Mindestgrundkonstitution, über die ich meiner Einschätzung nach zur Zeit noch nicht wieder verfüge. Aber das Zeug läuft mir nicht weg, das kann ich auch später noch entsorgen. Ausdrücklich freuen tu ich mich auf das Entrümpeln des LARP-Krams. Ich freue mich so, wenn der endlich den Dachboden und vor allem mein Arbeitszimmer samt eigens für ihn dort stehenden Kleiderschrank geräumt hat und somit auch der Kleiderschrank weg kann. Aber auch das wird noch warten müssen, bis ich zum einen das derzeit verliehene Zeug zurück habe und zum anderen wird es sicherlich allein einen oder zwei Tage in Anspruch nehmen, und die möchte ich mir dafür dann auch nehmen.

Ich kann mir nicht erklären, weshalb es mir, der ich eher zu den Jägern und Sammlern gehöre als zu den Puristen, denen es in steriler Umgebung besser gefällt, ausgerechnet jetzt so leicht fällt, plötzlich völlig schmerzfrei nicht nur Gerümpel sondern auch eigentlich noch funktionierende Sachen wegzuwerfen.
Ist es eine eigene Neuorganisation? Das Finden eines neuen Platzes im alten Umfeld? Oder das Anpassen eben dessen an das neu entstandene Ich-Bild?
HABE ich ein neues Bild von mir? Brauche ich mehr Sicherheit? Oder mehr Freiraum? Mehr Sauberkeit oder auch „innere Hygiene“? Ich finde diesen Wortbau fürchterlich, habe aber irgendwann mal irgendwo etwas darüber gelesen, und das scheint hier zu passen. Buddhismus? Meditation?
Memo an mich: recherchieren!
Zweites Memo an mich: Nach Recherche nicht schlauer als vorher, denn ich habe nicht das gefunden, was ich meinte, finden zu wollen.
Drücken wir es anders aus – “Aufgeräumtheit mit sich selbst”.

Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals in meinem Leben so gern aufgeräumt und wegeschmissen zu haben wie heute. Irgendwo in mir hat sich der Gedanke an „das sind nur Sachen“ und „Du brauchst oder benutzt es sowieso nie wieder“ innerhalb weniger Stunden quasi aus dem Nichts sehr stark materialisiert.
Es war unglaublich befreiend, so locker darüber zu entscheiden, dass etwas weg soll. Der Ficus zum Beispiel stand bei mir mehrere Jahre in einer Wohnzimmerecke, wo er zwar an sich hübsch platziert war, aber zum einen aufgrund seiner ausladenden Äste viel Platz weg nahm, und gleichzeitig aufgrund seiner kränkelnden Blattkonsistenz aber irgendwie schäbig schien. Jedes Mal ärgerte ich mich beim Blick auf ihn darüber, dass ich es nicht schaffte, ihn zu einem hübschen grüngefärbten Busch heranzuziehen und dass was auch immer ihn krank gemacht hat, den Fußboden unten drunter kleben und somit sehr staubig erscheinen ließ. Also, kurzerhand weg damit. Die Kerzen, die ich für meinen damalig noch nicht als hässlich und im Weg stehend befundenen großen sechsarmigen Kerzenleuchter gekauft und den ich zwischenzeitlich schon längst dem Sperrmüll überlassen hatte, brauche ich nicht – ich habe sonst lediglich Kerzenhalter für Teelichte. Und ich mag das Tropfen von Kerzen nicht. Also, zwar nicht weg in den Müll damit aber ab in die große Kiste mit Dingen, bei denen ich meine Eltern noch fragen möchte, ob sie sie noch zu irgendetwas gebrauchen können.

Jetzt habe ich ebendiese besagte Kiste auf dem Flur stehen, eine große Ladung Altpapier ist samt dem ursprünglich mal improvisierten Pappkarton dafür schon unten im Müll gelandet, eine IKEA-Tüte für weiteres Altpapier ist bereit gestellt, die IKEA-Tüte mit dem Elektroschrott ebenfalls (alleine drei Autoradios haben sich darin gefunden, die in meinem Arbeitszimmer in einer Ecke lagen!), Drucker und Scanner sind bei meinem Freund im Auto gelandet, ebenso wie eine alte Spielzeugpistole, ein Möchtegenschaukampfdegen, der ordentlich verrostet ist und der sicherlich nie als Deko meine Wohnzimmerwand schmücken wird und zwei Bücher übers Programmieren, die er jedoch nur ausleiht und die ich, zumindest vorerst, zur Tarnung und Vorspielung meiner ach so guten technischen Ausbildung bei den ganzen Sachen meines Elektrotechnikstudiums weiter stehen haben möchte.
Ordner meiner ersten Ausbildung und dieses Studiums sind in mein Arbeitszimmer gewandert, nachdem sie zuvor in der Wohnzimmerschrankwand Unruhe ins optische Erscheinungsbild gebracht haben. Dagegen sind Stehordner mit den bleibenden Geo-Zeitschriften, die ich abonniert habe, rübergewandert, wo sie viel toller zum Angeben zur Geltung kommen (und vor allem auch einfach mehr Sinn machen, wenn ich sie dort aus dem Regal nehme, um entspannt abends auf dem Sofa endlich darin blättern und stöbern zu können). Die Fachbücher haben auch eher im Arbeitszimmer etwas zu suchen, dafür dürfen die unscheinbaren Schalen mit einer Auswahl Duftteelichtern durchaus im Wohnzimmer platznehmen.
Und auch innerhalb des Arbeitszimmers konnte ich viele Ordner aufgrund der neuen Sortierung jetzt auch optisch in schönere Harmonie bringen.

Spätestens allerdings, als ich meinem Freund davon berichtete, dass ich sogar am Überlegen sei, meine sowohl anzahlmäßig große als auch voluminöse (Stofftier-)Elchsammlung auszudünnen oder gar komplett an Kinderheime oder das rote Kreuz zu spenden, sah er mich mit sehr großen entsetzten Augen an.
Hierzu muss man wissen, dass ich mir die Domain elchher.de habe registrieren lassen, weil ich diese Viecher so toll finde und schon seit sehr langer Zeit sammele. Ich habe sie zwar nie mit irgendeinem Inhalt gefüllt, habe dies aber nach wie vor in irgendeiner Form vor.
Einen an dieser Sammlung nicht geringen Anteil an zum Beispiel Glas- oder Keramikdekorationen habe ich allerdings bereits 2011 beim Umzug schon ausgesondert wenn auch noch nicht weggeworfen, einfach weil mir auch damals schon klar war, dass ich nicht immer überall mit ihnen hinziehen kann. Aber jetzt will ich es insbesondere vermeiden, noch mehr Staubfänger bei mir in meinem Leben zu haben, selbst wenn sie niedlich sind.
Die Stofftiere, die man auf dem Jahrmarkt aus einem Automaten zieht, fallen ja noch nicht einmal in diese Kategorie, weil sie eben nicht niedlich sind, aber allein der fast lebensgroße Elch auf meinem Wohnzimmersofa, der aus einem Mercedes-Autohaus stammt, als die A-Klasse damals den sogenannten „Elchtest“ nicht bestanden hatte und sie sich damit selbst aufs Korn genommen haben, indem sie nach schließlich bestandenem Test überall Hinweise auf eben diesen angaben, hat ein Bleiberecht verdient. Er ist zwar von der Größe eigentlich eher sogar ein eigenes Möbelstück, aber dass mein damaliger Freund ihn mir zu Ostern gekauft und geschenkt hat, indem er ihn im Wagen seiner Eltern als Beifahrer in unsere damalige Wohnung brachte und dort ganz offensichtlich auf den Schaukelstuhl setzte, wo ich ihn erst etwas später bemerkte, zeugt von seiner großartigen Individualität. Ihn möchte ich nicht wieder hergeben! Ganz davon abgesehen, dass mein Freund meist mehr halb auf dem Sofa an den Elch angelehnt sitzt als normal.

Alles in allem sieht ein Teil meiner Wohnung jedenfalls jetzt wesentlich „aufgeräumter“ im Sinne von „stimmiger“ aus als vorher. Aber auch eine ganze Menge unordentlicher, weil ich nicht alles wieder irgendwo habe hinräumen können und wollen, wie ich es mir überlegt hatte, was ich bei der bisherigen Aktion zwecks Platzschaffung nur ausgeräumt und noch nicht weggeschmissen habe. Aber das ist auch keine Sache von ein paar Stunden, und schon gar nicht immer noch unter Drogen stehend! Allerdings schweben mir auch jetzt noch unendlich viele Dinge im Kopf herum, die ich umsetzen möchte. Welcher Gegenstand kann noch weg? Muss ich den ganzen Korb durchsehen oder kann ich seinen Inhalt auf gut Glück einfach so wegwerfen?
Ich möchte morgen und auch gern übermorgen noch weitermachen – und vielleicht auch noch Montag und Dienstag, und dann schau ich weiter.
Ich habe heute gemerkt, dass ich körperlich insbesondere den Kreislauf betreffend auch noch ordentlich in den Seilen hänge. Sind meine Ansprüche zu hoch? Müsste es mir nicht langsam wieder gut gehen, selbst wenn der Schub bzw. dessen Auswirkungen bleiben? Jedenfalls mental haben mich diese eineinhalb Tage sehr weit voran gebracht.
Aber auch das ist ein Gedanke, der mir heute mehrmals gekommen ist.
Was mache ich, wenn es Mittwoch körperlich nicht deutlich besser ist?

Also, Stand 18.-22.10. war: Kribbeln und Taubheit in den Füßen, starke Gleichgewichtsprobleme, keine gute Lokalisation der Gliedmaßen
Die Einweisung mit Cotisontherapie brachte das Ergebnis, dass sich in der Therapie das Kribbeln und Scheuern etwas verstärkte, anhielt und danach etwa eineinhalb Wochen später fast ganz absackte. Mit Stand etwa 12.-15.11. breitete sich hingegen die Taubheit auf den Oberkörper bis zum Brustansatz aus, was mir zu der zweiten Einweisung am 20.11. verhalf. Während dieser Zeit im Krankenhaus kroch das taube watteähnliche Gefühl auf dem Rücken bis zu den Schulterblättern. Unablässig habe ich den Eindruck, einen zu engen spannenden Sport-BH zu tragen, der noch dazu zu tief über den unteren Rippenbögen säße, sogar, wenn ich überhaupt keine Kleidung trage und noch nicht mal T-Shirtstoff über die Fläche streift.
Die Beendigung der zweiten Cortisontherapie war am 25.11., seitdem hat sich gefühlsmäßig auf der Hautoberfläche nichts geändert. Mein Gleichgewicht habe ich durch die neu erworbene Übung der alltäglichen Bewegungen automatisch an sich einfach schon wieder etwas zurück erlangt, und das Gefühl, unter der Fußsohle Hornhaut in der Dicke von 5 cm zu haben, ist auch wesentlich geringer geworden. Die Störungen lassen sich also allemal aushalten. Schlimmer wäre es gewesen, wenn die Taubheit nachgelassen aber im Gegenzug die Missempfindungen und Schmerzen stärker geworden wären.
Und unter dieser Betrachtung bin ich nicht sicher, welche Priorität ich einer Blutwäsche und den dazugehörigen möglichen Komplikationen und Schmerzen einräumen möchte.
Nicht zuletzt spielt in diese Überlegung auch die Tatsache mit rein, dass ich für den 09.12. Konzertkarten für meine Eltern und mich für ein Konzert einer gregorianischen Coverband in einer Kieler Kirche erstanden habe, auf das ich sie als Dank für ihre Hilfe einladen möchte. Ich selbst kenne diese Band schon sehr lange und habe sie noch nicht live gesehen, stelle es mir aber als eine hervorragende Erfahrung vor. Und auch wenn sie teilweise ein wenig in die GothicSchiene eintauchen, glaube ich, dass auch meine Eltern dieses Konzert gern erleben möchten. Ich sagte bereits zu meinem Freund, wenn ich noch im Krankenhaus sein sollte, müsse er mit ihnen zusammen hingehen – aber erstens war das nur halb ernst gemeint, obwohl er es glaube ich tun würde, und zweitens ist er ja ab Montag wieder zuhause, weil seine Arbeit da ja anfängt und das dann doch ein ordentlicher Aufwand wäre. Außerdem hoffe ich für mich selbst, dass mir die Gelegenheit geboten wird, endlich wieder in eine Art von Alltag einzutauchen.

Ich hoffe also für mich und sowieso alle Beteiligten, dass ich mich nicht noch zu einer Plasmapherese durchringen werden muss und möchte, sollte alles so bleiben wie jetzt, eigentlich in dieser Hinsicht auch auf meinen Neurologen einwirken, dass er mir bestätigt, dass ich es nicht schlimmer mache, sollte ich sie jetzt nicht in Angriff nehmen. Eventuell bleibt der Zustand ja so konstant und dann lässt sich da schon viel aushalten. Ist nicht perfekt, aber was ist das schon?

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